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JETZT IST HANDELN ANGESAGT – BGH-URTEIL VERÄNDERT DIE REGULIERUNGSPRAXIS

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Undichte Fugen – Wird es jetzt teuer für Eigentümer/-innen?

Die Wohngebäudeversicherer zahlen jährlich Milliarden für die Behebung von Leitungswasserschäden. Laut vorläufigen Zahlen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren es in dem Jahr 2020 ca. 3,3 Milliarden Euro und somit mehr als für Feuer-, Sturm/Hagel-, und Elementarschäden zusammen mit “nur“ 2,6 Milliarden Euro. Ein nicht unerheblicher Teil des Aufwandes wird durch schadhafte Fugendichtstoffe verursacht.

Eine Silikonfuge hält im Optimalfall viele Jahre ordnungsgemäß. Aus diesem Grund wird ihr oft nicht die Aufmerksamkeit zuteil, die sie eigentlich bräuchte. Beschädigte Fugen sehen nicht nur unschön aus, sie können auch teuer werden. Selbst bei kleinsten Beschädigungen gelangt – oftmals über einen längeren Zeitraum – Wasser in die dahinter liegenden Bauteile und kann zu einem erheblichen Folgeschaden führen.

In der Vergangenheit waren undichte Fugen immer wieder ein Streitthema, das häufig durch Gerichte beurteilt und kontrovers entschieden wurde. Für den Versicherungsnehmer und somit für eine Kostenübernahme durch den Versicherer hatten u. a. das AG Düsseldorf (27.09.2001 – 42 C 9839/01), OLG Frankfurt am Main (22.12.2009 – 7 U 196/07) und OLG Schleswig (11.06.2015 – 16 U 15/15) geurteilt. Den Versicherungsschutz versagt hatten dagegen das LG München (30.04.2009 – 26 O 19450/08), AG Aachen (10.07.2013 – 109 C 19/13) und OLG Düsseldorf (25.07.2013 – I-4 U 24/13).

Nach Jahrzehnten dieser Uneinigkeit erging jedoch nun ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Eigentümer/innen. Der BGH urteilte am 20.10.2021, dass ein Wohngebäudeversicherer nicht für Nässeschäden aufkommen muss, die aus einer undichten Silikonfuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand entstehen (IV ZR 236/20) und hob somit das zuvor gesprochenem Urteil des OLG Bamberg (27.08.2020 – 1 U 14/20) auf.

Die Auswirkungen auf die Regulierungspraxis der Gebäudeversicherer sind unterdessen noch unklar. Aufgrund des immer weiter steigenden Schadenaufwands in der Gebäudeversicherung ist aber davon auszugehen, dass sich die Assekuranz am Urteil des BGH orientieren wird.

Nicht außer Acht zu lassen sind mögliche Schäden am Hausrat der Bewohner/-innen. Zwar sind Anzahl und Höhe der Schäden oft geringer, die finanziellen Belastungen können für die Betroffenen jedoch immens sein. Berufen sich nun auch die Hausratversicherer auf das BGH-Urteil und lehnen eine Leistungsübernahme ab, wird es umso ärgerlicher. Im konkreten Schadenfall ging es um einen Betrag von ca. 18.000 Euro, die der/die Eigentümer/-in nun selbst tragen muss.

Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich für die Verwalterpraxis?

Immobilienverwalter/-innen sollten ihre Kunden zunächst einmal über die neue Rechtslage informieren! Im zweiten Schritt ist Handlung geboten.

Eigentümer/-innen sollten zwingend ihre Mieter/-innen sensibilisieren, dass insbesondere elastische Fugen einer permanenten Wartung und Pflege bedürfen. Die Reinigung sollte regelmäßig mit einem Schwamm oder Tuch erfolgen. Dabei sind neu­trale oder alkalische Reinigungsmittel oder auch Mittel auf Essigbasis zur Kalkentfernung zu verwenden. Nach der Reinigung und auch nach jeder Nutzung sollte mit klarem Wasser nachgespült werden, um Schmutzreste, Chemikalien und Mikroorganismen zu entfernen. Anschließend sollte die Abdichtung getrocknet werden. Ausreichendes Lüften, um Feuchtigkeit aus der Luft zu entfernen, ist selbstverständ­lich.

Fugen, die von vornherein erkennbaren starken chemischen oder physikalischen Einflüssen unterliegen, werden als sogenannte Wartungsfugen bezeichnet. Hierzu zählen insbesondere auch die Fugen in Dusch- und Badewannenbereichen, wo erfahrungsgemäß auch die meisten Schäden auftreten und für die keine Gewährleistung gilt. Insbesondere bei den Wartungsfugen im Nassberei­chen bedarf es einer regelmäßigen Pflege und Wartung. Beschädigte Fugenabdichtungen sind umgehend auszutau­schen, spätestens jedoch alle 2-3 Jahre. Der Abschluss eines Wartungsvertrages ist hier sinnvoll.

Alexander Ruschinzik
Howden Caninenberg GmbH

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